Waldstimmung_mit_Hund

Ich bin ein Stadtkind, das die Natur liebt. Doch wenn ich in den letzten Jahren durch die Wiesen und Wälder streifte, fiel mir immer wieder auf, wie wenig Blumen, Bäume und Kräuter ich benennen konnte. In meiner Kindheit war das anders. Wie ein aktuelles Gutachten des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)  zeigt, ist die Anzahl der Menschen, die sich gut mit Flora & Fauna auskennen um 21 Prozent zurückgegangen. Und sie wird rapide weiter sinken, denn es ist vor allem die ältere Generation, die noch einen Bezug zur Natur hat. Das ist schade und deshalb habe mir vorgenommen, mein eigenes Wissen wieder aufzufrischen. Im ersten Teil meiner Serie »Warum es sich lohnt, die Natur neu zu entdecken« widme ich mich dem Thema Pilzesammeln.

Acht Regeln, die man beim Pilzesammeln beachten sollte

  1. Das Wichtigste: Niemals Pilze sammeln und essen, die man nicht genau bestimmen kann! Ich habe einen mehrwöchigen Bestimmungskurs im Naturkundemuseum gemacht, um mich dem Thema anzunähern. Bei diesem lernte man viel Theorie und Praxis von Experten und man ging auch gemeinsam in den Wald. Schaut am besten im Internet nach, wo ein solcher Kurs in eurer Nähe angeboten wird. Auf der Website der Deutschen Gesellschaft findet ihr sachkundige Ansprechpartner.
  2. Hütet euch vor dem Knollenblätterpilz! Dieser Kandidat wird oft mit dem Wiesenchampignon verwechselt und ist Ursache für die meisten Pilzvergiftungen in Deutschland.
  3. Lieber auf Nummer sicher gehen: Ich habe mich auf das Sammeln von Steinpilzen und Maronenröhrlingen fokussiert, denn sie haben keine giftigen Doppelgänger. Der einzige Pilz, der ihnen ähnelt und auch im Nadelwald wächst, ist der Gallenröhrling. Dieser ist nicht giftig, schmeckt aber sehr sehr bitter, wenn man sich nicht sicher ist, ob es sich beim Fundstück um  ein solches ungewolltes Exemplar handelt, kann man mit dem Finger unter seinem Hut entlang reiben und eine Geschmacksprobe nehmen. So vermeidet man, dass durch den bitteren Gesellen später das ganze Essen verdorben ist.
  4. Austattung: Am besten sollte man immer zwei verschiedene Pilzbestimmungsbücher dabei haben. Denn die Fotografien der Pilze können farblich sehr von einander abweichen. Ich kann zum Beispiel den Ratgeber Welcher Pilz ist das?: Extra. Pilze und ihre Baumpartner empfehlen. Es gibt mittlerweile auch gute Pilzbestimmungsapps, zum Beispiel »Meine Pilze«, sie wurde 2015 von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie zum Testsieger gekürt.
  5. Achtung Zecken: Sobald die Temperaturen die sechs Grad überschreiten, werden die kleinen Biester leider aktiv. Deshalb sollte man sich unbedingt mit langer Kleidung und Zeckenspray schützen. Nach der Rückkehr ist es sinnvoll einen Ganzkörpercheck zu machen, oft sind die Spinnentiere kleiner als ein Stecknadelkopf und nur bei genauem Hinschauen zu entdecken.
  6. Umweltschutz: Hinterlasst die Natur so, wie ihr sie vorgefunden habt. Also Flaschen und Verpackungen von Snacks immer schön wieder mitnehmen. Wer in Sachen Umweltschutz noch einen drauflegen will, packt sich eine Tüte zum Müllsammeln ein.
  7. Zubereitung: Es gibt kaum etwas leckereres, als frisch zubereitete Steinpilze mit Pasta. Ich gebe die geputzten Pilze dafür mit etwas Butter und Zwiebeln in eine Pfanne und lasse sie 15 Minuten (nicht kürzer, da sonst eventuelle Giftstoffe nicht deaktiviert werden ) bei mittlerer Hitze garen. Nach Belieben etwas Crème fraîche, Salz, Pfeffer und einen Schuss Rotwein hinzugeben und fertig. Mmh …!
  8. Die richtige Region wählen: Nicht überall wird der Verzehr von heimischen Pilzen empfohlen. So sind viele Pilze, die in Gebieten Süddeutschlands wachsen, nach wie vor durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl belastet. Tipps dazu, welche Reiseziele sich zum Pilzsammeln anbieten, findet ihr unten.

Generell kann ich empfehlen, sich nicht zu sehr auf das Finden des gesuchten Exemplares zu versteifen. Für mich ist beim Pilzsammeln bereits der Weg das Ziel: Das Knacken der Äste unter meinen Füßen, der harzige Duft, der in die Nase strömt und das saftige Grün des Mooses. Genießt es einfach in der Natur zu sein. Und es kann auch einfach sehr viel Spaß machen, in kleiner Runde durch den Wald zu ziehen und gemeinsam herauszufinden, um welchen Kandidaten es sich jeweils handelt. Ist das märchenhaft anmutende Objekt (siehe Foto) ein Rötlicher Holzritterling oder ein Blutroter Filzröhrling? Nur ein Blick unter den Hut kann mehr verraten.

Maerchen_Pilz

Wer anfängt, sich mit Mykologie zu beschäftigen, wird schnell merken, wie sich die Wahrnehmung verändert. Plötzlich sieht man sie überall, wo sonst nur Boden war: Tintlinge, Frauentäublinge, Parasole und Lackporlinge. Mit einem Bestimmungsbuch in der Hand werden Wald und Wiesen zum Erlebnispfad. Eine ganz neue Welt öffnet sich.

Gute Pilzsammelgebiete (auch für den Urlaub)
Um Steinpilze und Maronenröhrlinge zu finden, eignen sich Nadelwälder am besten. Sie gehen oft Baumpartnerschaften mit Fichten, Kiefern und Tannen ein. In Deutschland wachsen sie meist ab Juni bis in den späten Herbst hinein. Im Osten Deutschland, sind zum Beispiel Ziegelroda und Schorfheide beliebte Pilzammelgebiete. In meiner Heimat Ostwestfalen ist es die Senne.
Auch das französische Elsass ist bei Pilzsammlern sehr gut geeignet. Selbiges gilt für Litauen. Nicht zu vergessen sind die weiten Wälder Skandinaviens. Hier ist die Chance auf Ausbeute groß, weil die Konkurrenz durch andere (professionelle) Pilzsammler geringer ist, als bei uns.
Also, bis bald im Wald!

Rebecca_im_Wald_Schweden